Paleochora
Paleochora

RELIGION UND KIRCHE

Fast alle Griechen sind griechisch-orthodox. Der Unterschied zwischen der katholischen und der griechisch-orthodoxen Religion im Glaubensbekenntnis ist nicht sehr groß, zum Beispiel dürfen die griechischen Pfarrer (Popen) heiraten - allerdings nur dann, wenn sie in der kirchlichen Hierarchie nicht aufsteigen wollen. Außerdem ist das größte Fest nicht das Weihnachtsfest, sondern das Osterfest (Pascha).

Die kretische Kirche ist eine echte Volkskirche und steht in der Tradition des Urchristentums. Nichts Fernes oder Abgehobenes haftet ihr an. Bewußt sind die Standesschranken zwischen Priestern und Gläubigen sehr niedrig gehalten.

Kirchlein Ein weiterer, großer Unterschied ist, daß die griechische Religion nicht an die Unfehlbarkeit des Papstes glaubt. Der heilige Geist wird nicht vom Sohn geschickt, sondern von Gott Vater. Erwähnenswert ist auch, daß es keine Kirchensteuer gibt, sondern eine eigene Kasse, die nicht vom Staat unterstützt wird. Trotzdem zählt die Kirche in Griechenland zu den reichsten Institutionen des Landes.

Wie es um die Religiosität der Griechen bestellt ist, mag dahingestellt sein. Frauen sind weit häufiger im Haus Gottes anzutreffen als Männer, ältere Menschen öfter als Jugendliche. Viele, vor allem junge Kreter wollen sich heute dem starken Einfluß der Kirche entziehen. Einerseits erkennt man die Kirche als Wahrerin der Tradition zwar an, kritisiert aber gleichzeitig ihre dogmatische Starre, ihre ständigen Bemühungen sich zu bereichern sowie die Einmischung in alle privaten Lebensbereiche.

Doch auch in der Orthodoxie gibt es eine andere Seite - der heute achtzigjährige Bischof Irenäos von Kissamos-Kastelli ist ein Beispiel für einen fortschrittlich und sozial eingestellten orthodoxen Bischof. In seiner langen Amtsperiode hat er viel erreicht - obwohl die Diöziese sehr arm ist, gibt es kaum Arbeitslosigkeit. In den Dörfern hat er überall den Bau von Schulen vorangetrieben. Als Antwort auf die skrupellose Schiffahrtspolitik der Reeder von Piräus gründete er mit den Geldern seiner Gemeindemitglieder die kretische Schiffahrtsgesellschaft ANEK, die heute tausenden von Kleinaktionären gehört. Und er hat die Orthodoxe Akademie bei Kolimbari gegründet, wo die Orthodoxie in einen Dialog mit der heutigen Welt treten will. Dort haben auch Urlauber die Möglichkeit, ihre Kenntnisse über Kreta zu vertiefen.

Die Messe wird nicht in der heute gesprochenen neugriechischen Sprache (Dimotiki) abgehalten, sondern in einer Sprache, die früher nur den gelehrten Kreisen vorbehalten war, nämlich in der sogenannten Katharevousa, die sich aus dem Altgriechischen entwickelt hat. Wenn Sie bei einer Messe teilnehmen wollen, können Sie gerne in die Kirche hineingehen, auch wenn der Gottesdienst längst begonnen hat. Die Messe dauert fast doppelt so lange wie bei uns. Unterstützt wird der Pope beim Gebetsgesang durch zwei Gruppen von Vorsängern. Im hinteren oberen Teil der Kirche gab es einen Frauenbalkon, nur von dem aus früher die Frauen dem Gottesdienst beiwohnen durften, was heute natürlich nicht mehr der Fall ist.

Der Altar liegt nicht vor allen Gläubigen, wie in einer katholischen Kirche, sondern hinter einer aus Holz geschnitzten Wand, die Templo genannt wird. An dieser Wand hängen auch wunderschöne Ikonen. Dieser Raum ist nur dem Popen vorbehalten. Wesentlich zu erwähnen wäre noch, daß es in einer griechisch-orthodoxen Kirche keine Kanzel gibt.

Der Gottesdienst dient nicht zur Ermahnung und Erziehung der Irdischen, sondern allein dem Lobpreisen der himmlischen Wesen. Von denen gibt es, theologisch eindeutig von der Heiligen Dreifaltigkeit geschieden, eine ganze Reihe: neben Engeln, Seraphinen und Cherubinen vor allem eine große Anzahl Heiliger. Sich mit ihnen in der gemeinsamen, im Himmel wie auf Erden zelebrierten Feier der Eucharistie, mystisch zu vereinigen, dient der ganzen Lithurgie. Auf diese Vereinigung deutet auch die Innenausstattung der Kirchen mit Ikonen und Wandmalereien hin.

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